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CCAT-prime Projekt & Fred Young Submillimeter Telescope (FYST)

FYST ist ein 6-Meter-Teleskop auf dem 5,600 Meter hohen Cerro Chajnantor in der chilenischen Atacama-Wüste. Mit einer Oberflächengenauigkeit von 10 µm erlaubt es Beobachtungen bei Sub-Millimeter- und Millimeter-Wellenlängen.

Das neuartige optische Design ermöglicht ein sehr großes Gesichtsfeld, so dass für eine zügige Kartierung großer Teile des Himmels mehr als 100000 (Sub-)-Millimeter-Detektoren gleichzeitig genutzt werden können. Die Kombination aus großer Höhe und extrem trockener Umgebung ergibt exzellente Beobachtungsbedingungen, die Routinebeobachtungen bei Wellenlängen um 350 µm ermöglichen, bei denen die Erdatmosphäre an anderen Standorten kaum transparent ist. Bei den besten Wetterbedingungen werden sogar Beobachtungen bis zu Wellenlängen von 200 µm möglich. Die Installation des FYST auf dem Cerro Chajnantor wird darüber hinaus wertvolle Erfahrungen zum Teleskopbetrieb auf solchen Höhen liefern, die für den Bau eines zukünftigen Submillimeter-Teleskops der 25m-Klasse  nützlich sein könnten.

Durch die große planare Fokalebene ist FYST in der Lage, zukünftige größere Kameras mit noch mehr Detektoren aufzunehmen. Wegen seines großen Gesichtsfeldes und den geringen Seitenkeulen ist FYST das ideale Werkzeug um die Verteilung des interstellaren Mediums, die Bildung von Molekülwolken und die Entstehung von Sternen in der Milchstraße, den Magellanschen Wolken und anderen Nachbargalaxien zu untersuchen. Das Kölner Heterodyn-Instrument CHAI wird spektral hochaufgelöste Kartierungen von atomaren Feinstrukturlinien und hochangeregten Linien des CO-Moleküls liefern und damit einen Zugang zum Verständnis der physikalischen Prozesse ermöglichen, die auf großen Skalen die Bildung neuer Sterne regieren.

Darüber hinaus wird FYST den kinematischen Sunyaev-Zel'dovich-Effekt von Galaxienhaufen messen, der es uns erlaubt, aus der Bewegung der Galaxienhaufen auf die Verteilung der dunklen Materie und die Gesamtmasse aller Neutrinos im Weltall zu schließen. Durch die Beobachtung der [CII]-Feinstukturlinie aus den ersten Galaxien können wir die Entwicklung der allerersten Sterne in der Epoche der Re-Ionisierung des Universums aufdecken und damit die Entwicklung der allerersten Galaxien und Galaxienhaufen verfolgen.

Das optische ,,crossed-Dragone"-Design qualifiziert FYST auch als neue Plattform zur Vermessung der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB), die eine zehnmal schnellere Kartierung als bestehende Observatorien erlaubt. Während andere CMB-Observatorien auf Wellenlängen von mehr als 1 mm beschränkt sind, kann FYST durch die gleichzeitige Beobachtung der Sub-Millimeter-Strahlung die Emission interstelleren Staubes von der kosmischen Hintergrundstrahlung trennen.

FYST wird als Gemeinschaftsprojekt unter dem Titel "CCAT-prime" von der Cornell University, den Universitäten Köln und Bonn, und CATC, einem Konsortium von 10 Kanadischen Wissenschaftsinstituten gebaut. Forscher weiterer Institute aus den USA, Canada, Deutschland und Chile wurden in die Planung und Instrumentenentwicklung einbezogen.

Das Teleskop wird durch die VERTEX Antennentechnik GmbH gebaut seit 2017 gebaut. Erste astronomische Beobachtungen sind für 2022 geplant.

Offizielle Pressemitteilung des CCAT-prime Projekts

Offizielle Pressemitteilung der Universität zu Köln

Wissenschaftliche Anwendung

Die Anwendungsmöglichkeiten von FYST werden durch die Kombination von einem einzigartig großen Gesichtsfeld, hoher Oberflächengenauigkeit und den exzellenten Standortbedingungen in 5.600 Meter Höhe bestimmt:

Galaktische Ökologie (GEco)

Die "Galaktische Ökologie" untersucht die Verteilung und Eigenschaften des interstellaren Mediums unter verschiedensten Bedingungen in der Milchstraße, den Magellanschen Wolken und anderen Nachbargalaxien, indem sie die Strahlung der Spektrallinien des interstellaren Gases analysiert. Ausgedehnte, spektral hochaufgelöste Kartierungen von atomaren Feinstrukturlinien und hochangeregten Linien des CO-Moleküls mit Hilfe des CHAI-Instruments sind ein Hauptinteressengebiet der Köln-Bonner Aktivitäten. Sie können die Bewegung des Gases vermessen und damit die Anhäufung zu Wolken, Kernen und jungen Sternen direkt verfolgen. GEco stützt sich auf die folgenden Beobachtungen:

  • Die Feinstrukturlinien von atomarem Kohlenstoff [CI] liefern die Gastemperatur, die Masse des sonst unsichtbaren Gases und die Massenanhäufung der Wolken.
  • Die mittel- bis hochangeregten Rotationslinien der Kohlenmonoxidisotope 12CO und 13CO diagnostizieren Stoßfronten, die Dissipation von Turbulenz, die Masse und Temperatur des molekularen Gases und seine Aufheizung durch junge Sterne. 
  • Aus der Feinstrukturlinie von ionisiertem Stickstoff [NII] lesen wir die Eigenschaften eingebetteter Sternentstehungsregionen und die Anzahl ionisierender Photonen ab.
  • Die Beobachtung zeitlicher Variationen der Kontinuumshelligkeit protostellarer Quellen bei Sub-Millimeter-Wellenlängen können wir die Entwicklung protostellarer Scheiben auf Skalen von wenigen astronomischen Einheite verfolgen.

Die Beobachtungen zeichnen sich durch einzigartige Möglichkeiten aus:

  • Kartierungen mit einer Auflösung von (15'' x λ/350 µm) über Bereiche von 200 deg2 in der Milchstraße (Galaktische Ebene und Gould-Gürtel), im Galaktischen Zentrum und den Magellanschen Wolken.
  • Großräumige Kartierung der gesamten Fläche am Himmel in CO 4-3 und [CI] 1-0. Hineinzoomen bei höheren Beobachtungsfrequenzen (12/13CO 6-5, 13CO 8-7, CI 2-1)
  • Die große Höhe des Teleskopstandortes ermöglicht für die begrenzten Zeiträume besten Wetters Messungen bei 200 µm, so dass die Spektrallinie von hochangeregtem CO und [NII] beobachtet werden können.

Sunyaev-Zel'dovich Effekt (SZE)

Die Messung der Geschwindigkeiten, Temperaturen und Opazitäten von Galaxienhaufen mit Hilfe des Sunyaev-Zel’dovich Effekts zur Eingrenzung der Eigenschaften der Dunklen Energie und zur genaueren Eingrenzung der Neutrinomassen.

Galaxienentwicklung (GEvo)

Studien zur „Galaxienentwicklung“ von staubreichen, sternbildenden Galaxien werden die Ergebnisse von Herschel in Bezug auf Zahl der Detektionen wie auch deren Auflösung in leuchtschwache Quellen weit übertreffen. Die Charakterisierung dieser schwachen Quellen ist besonders wichtig, da sie hauptverantwortlich sind für einen Großteil des Ferninfrarot-Hintergrundes.

Kartierung der Strahlungsintensitäten aus der Epoche der Re-Ionisation

Die Kartierung der [CII] 158 Mikrometer Spektrallinie von sternbildenden Galaxien aus der Epoche der Re-Ionisation bei Rotverschiebungen von 5 bis 9, um die Topologie und die Zeitskalen der Reionisation besser zu verstehen.

Zukünftige Aussichten bei der Kartierung des Mikrowellen-Hintergrundes

Seine hocheffizienten Kartierungsmöglichkeiten zeichnet  das FYST als Plattform für CMB-Experimente (CMB: kosmischer Mikrowellenhintergrund) der nächsten Generation (Stage-4 CMB mapping) aus. FYST wird zehnfach höhere Kartierungsgeschwindigkeiten als bisher erlauben. Damit wird es möglich sein, inflationäre Gravitationswellen zu sondieren und die Neutrino-Masse weiter einzugrenzen.

FYST Standort unterhalb des Gipfels des Cerro Chajnantor in den chilenischen Anden (5.600m Höhe)

FYST wird nahe des Gipfels des Cerro Chajnantor in der Atacama Wüste in Chile errichtet werden. Die extreme Höhe und die extrem trockene Atmosphäre erlauben die ganzjährige Beobachtung großer Teile des Nord- und Südhimmels. Atmosphärische Vergleichstudien verschiedener Orte aus den letzten zehn Jahren, darunter auch vom Cerro Chajnantor und vom ALMA Standort, haben ergeben, dass der FYST Standort einen mittleren Wasserdampfgehalt (PWV: precipitable water vapor) von 0.6 mm aufweist. Verglichen mit Werten von 1mm für den ALMA Standort ergibt das eine mehrfach höhere Empfindlichkeit (abhängig von der Wellenlänge).

Die niedrigsten Wasserdampfwerte werden FYST darüber hinaus für ca. 10% der gesamten Beobachtungszeit Zugang zum THz Frequenzbereich erlauben (innerhalb des atmosphärischen „Fensters“ bei 200µm).

expand: Sketch of the crossed-Dragone telescope design for FYST. Image courtesy of VERTEX Antennentechnik GmbH.
Skizze des „Crossed-Dragone“ Teleksop-Designs von FYST. Bildquelle: VERTEX Antennentechnik GmbH.
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Möglicher optischer Strahlengang des “Crossed-Dragone” Teleskops. Das von Himmel kommende Licht wird zuerst am Primärspiegel reflektiert, danach am fast ebenen Sekundärspiegel (fast genauso groß wie der Primärspiegel) und schließlich am kleineren Tertiärspiegel. Diese Kombination erlaubt einen hohen Lichtdurchsatz über ein sehr breites Gesichtsfeld und liefert eine sehr flache Brennebene, in der eine enorme Zahl von Detektoren Platz findet (Hunderttausende bis Millionen). Quelle: Niemack (2016, Appl. Optics, 55, pp. 1688-1696; arXiv:1511.04506).

Mit FYST wird erstmalig ein neuartiges off-axis Teleskopdesign für ein Teleskop der 6m-Klasse realisiert, ein sogenanntes „Crossed-Dragone Teleskop“.

Die Design-Eigenschaften:

  • Hohe Oberflächengenauigkeit (7-10 µm r.m.s)
  • Hoher Licht-Durchsatz
  • Weites Gesichtsfeld
  • Flache Brennebene
  • Erlaubt die Unterbringung von > 105 Detektoren bei längeren Wellenlängen und sogar noch mehr bei kürzeren Wellenlängen

 

Instrumente der ersten Generation

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Layout des CHAI Instruments, das an der Universität zu Köln gebaut wird. Die zwei Kühlbehälter befinden sich links und die Teleskopoptik ist rechts.

Das FYST Heterodyne Array Instrument (CHAI)

CHAI ist ein dual-Frequenz Heterodyn-Arrayempfänger für FYST, das an der  Universität zu Köln entwickelt wird. Es wird eine sehr hohe spektrale Auflösung (>106) simultan bei zwei Frequenzen bieten. Dank seines modularen Designs kann man sehr schnell zwischen verschiedenen Empfängerarrays wechseln, um bei unterschiedlichen atmosphärischen Frequenzfenstern zu beobachten (zwischen 600, 350 und 200µm). Einige CHAI Eigenschaften im Detail:

  • Heterodyn-Doppelfrequenz-Empfänger Array
  • 64 Pixel (zu Anfang, Ziel: 128) je Band
  • 500 GHz (600 μm) & 850 GHz (350 μm):
    CO(4-3), CO(6-5), 13CO 8-7, [CI] 1-0 und 2-1
  • Möglicher Zugang zu den höchsten Frequenzen des 1.5 THz (200 µm) und 1.3 THz (240 µm) Bereichs bei optimalen atmosphärischen Bedingungen:
    high-J CO und [NII]

Die FYST Kamera (p-Cam)

expand: Layout of the FYST camera being built by Cornell University. Each sub-camera in the ring of six is interchangeable.
Layout der FYST Kamera, die an der Cornell University gebaut wird. Jede Unterkamera in dem Sechser-Ring ist austauschbar.

p-Cam ist eine modulare “Wide-field imaging” Kamera, hauptsächlich entworfen um den kinematischen Sunyaev-Zel’dovich Effekt von Galaxienhaufen zu messen. Die Kamera hat eine Pixelgröße von ~1.5 λ/D mit einem Füllfaktor von annähernd 100%  in der Fokalebene und ist beugungslimitiert bei allen Wellenlängen.

  • Sieben sub-Kamera-Objektive, Pixel mit dichroitischen, polarisationsempfindlichen TES (Transition-Edge Sensed) Bolometern oder KIDs (Kinetic Inductance Detectors).
  • Gesichtsfeld jeweils ~ 0.9 Grad → 20,000 Pixel bei 350 μm; 6,000 Pixel bei 1.1 mm
  • Kameras sind modular (Größe, Optiken, Filter), leicht austauschbar

Das CCAT-prime Konsortium

Das CCAT-prime Konsortium ist eine Partnerschaft der Cornell University und den Universitäten zu Köln und Bonn in Deutschland. Hinzu kommt CATC ein Konsortium von 10 akademischen Institutionen in Kanada. Forscher an weiteren Instituten in den Vereinigten Staaten, Kanada, Deutschland und Chile sind an der wissenschaftlichen Planung und der Instrumentenentwicklung beteiligt.

Auf der deutschen Seite haben Gruppen des Max Planck Instituts für Astrophysik (Garching) und der Ludwig Maximilians Universität in München Interesse signalisiert dem Projekt beizutreten. Entsprechende Verhandlungen werden derzeit geführt.